GmbH Insolvenz beantragen oder löschen

Die Gründung einer UG oder GmbH gestaltet sich meist unproblematisch. Der Unternehmer entschliesst sich zur Selbständigkeit und gründet eine Gesellschaft mit beschränkter haftung um sich und sein Privatvermögen zu schützen. Man geht zum Notar und die Gesellschaft wird im Handelsregister eingetragen. So weit so gut.

 

Insolvenzreife

Was passiert aber wenn die Geschäfte nicht (mehr) so laufen wie gedacht. Rechnungen werden verspätet gezahlt. Das Stammkapital ist längst aufgezehrt, Finanzamt und
Sozialversicherungsbeiträge werden "geschoben"- in der Hoffnung es wird schon wieder...

Der Hinweis des Steuerberaters über eine Insolvenz nachzudenken oder bevorstehende Betriebsprüfungen mit ungewissem Ausgang, geben Anlass zum Nachdenken wie es denn weiter gehen soll.
Insolvenzantrag
Die Einleitung und ordnungsgemäße Durchführung eines Insolvenzverfahrens bieten sich an, da man ja als Geschäftsführer nichts zu befürchten hat. Es handelt sich ja schließlich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung.

Weit gefehlt. Die ordnungsgemässe Antragstellung mag auf erstes Hinsehen noch funktioniert haben. Der vorläufige Insolvenzverwalter ist bestellt und fordert sämtliche Geschäfsunterlagen ab um sich einen Eindruck vom Zustand der Firma zu machen. Jede Kontobewegung der letzten 12 Monate, besonders die der letzten 3 Monate, werden sorgfältig unter die Lupe genommen, jeder Vertrag gesichtet.

 

Insolvenzgutachten
Dann kommt das Gutachten. Hier gehen Ihnen als Geschäftsführer zum ersten Mal die Augen auf. Eine Überschuldung lag (laut Gutachten) schon meist seit über x Monaten vor, Zahlungsunfähigkeit seit mindestens xy Monaten. Zahlungen an Gesellschafter, Geschäftsführer und verbundene Unternehmen werden aufgeführt und einer Anfechtungsmöglichkeit unterzogen. Vor allem Gesellschafterdarlehen, die in den vergangenen 12 Monaten zurück gewährt wurden sowie nicht eingezahltes Stammkapital werden vom Insolvenzverwalter sofort abverlangt.

 

Staatsanwaltschaft
Damit nicht genug. Im Zuge der Mitteilung in Zivilsachen "MiZi" landet das Gutachten bei der Staatsanwaltschaft. Jetzt geht der Ärger erst richtig los. Insolvenzantragspflichten nicht fristgemäß erfüllt, Buchhaltungspflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt, Sozialversicherungsbeiträge nicht ordnungsgemäß abgeführt usw.usw. Verbindlichkeiten, die nach dem Eintritt der Insolvenzreife begründet wurden, wie z.B. Lieferantenaufträge, die nicht mehr bezahlt werden konnten, stehen jetzt in Summe bei Ihnen als Geschäftsführer auf dem "Deckel". Alles mit Paragraphen aus dem Strafgesetzbuch und der Insolvenzordnung unterlegt. Ein Strafbefehl oder eine Verurteilung sind meist die Folge und eröffnen im Rahmen einer deliktischen Haftung sämtlichen Gläubigern Tür und Tor um Sie privat zur Strecke zu bringen. Diese Forderungen sind im übrigen auch nicht im Rahmen einer Privatinsolvenz
entschuldbar, da deliktisch.

Vorbei ist es mit der beschränkten Haftung. Wo Sie doch nur den Geschäftsbetrieb aufrecht erhalten wollten und bis zuletzt gekämpft haben.

Jetzt muss sich ein (meist teurer) Strafverteidiger der Sache annehmen. Parallel dazu haben Sie ja schon einen Wirtschaftsanwalt mandatiert, um sich den Anfechtungsklagen des Insolvenzverwalters zu erwehren. Kosten, Zeit und Nerven, die Sie in dieser ohnehin angespannten Lage, nicht aufbringen möchten.

Ein existenzvernichtender Strudel hat begonnen sich zu drehen- und Sie befinden sich mittendrin.

Alternativlösung GmbH Verkauf mit Sitzverlegung
Sie verkaufen die Gesellschaft und lassen sich als Geschäftsführer abbestellen und entlasten. Die meisten Anbieter dieser Lösung verlegen meist auch noch den Sitz der Gesellschaft in einen anderen Gerichtsbezirk, damit dieses, öffentlich bekannt gemachte Verfahren, nicht an Ihrem Firmensitz stattfindet, wo Sie jeder kennt. Klingt erst mal gut-aber...

 

Zuständigkeit
Zunächst werden sich das Insolvenzgericht am neuen Firmensitz und das Insolvenzgericht am bisherigen Firmensitz über die Zuständigkeit streiten. Abzustellen ist hier auf den Ort der regelmäßige getroffenen unternehmerischen Entscheidungen und auf die Qualität der Betriebsstätte.
Wo werden die Geschäfstunterlagen verwahrt usw.. Ferner werden hier die europäischen Richtlinien gerne übernommen, die eine Mindestfrist von 3 Monaten verlangen um den "neuen" Firmensitz zu akzeptieren. Regelmäßig handelt es sich aber bei den "neuen" Firmenanschriften um mehrfach genutzte Adressen, die dem Insolvenzgericht durchaus bekannt sind. Ähnlich verhält es sich bei den neuen Gesellschaftern und Geschäftsführern...

 

Pflichten des Geschäftsführers
Dies alles ist dem Gesetzgeber bekannt, man spricht hier von sog. Firmenbestattungen. Um diesem Unwesen zu begegnen, hat der Gesetzgeber die Aufklärungs- und Mitwirkungspflichten des Geschäftsführers im Rahmen einer Firmeninsolvenz auch auf den bisherigen Geschäftsführer, also Sie,
ausgedehnt und das mit einem Zeitrahmen von 24 Monaten vor der Insolvenzantragstellung.
Das heisst, wenn der neue Geschäftsführer einen Insolvenzantrag stellt oder ein Gläubiger einen Fremdantrag stellt, sind Sie als "alter" Geschäftsführer wieder "im Rennen". Also auch keine gute Lösung.

Liquidation vs. Löschung
Die Liquidation der Gesellschaft kommt regelmäßig, aufgrund des Sperrjahres und der öffentlichen Gläubigeraufrufspflichten mit einer Gesamtdauer von ca.18 Monaten auch nicht in Betracht, zumal man wahrscheinlich auch nicht in der Lage sein wird, sämtliche Verbindlichkeiten zu bedienen.

 

GmbH-Verschmelzung
Eleganter ist da der Weg über eine Verschmelzung mit einer ausländischen EU-GmbH. Dieses Verfahren erlaubt es nach einem EuGH-Urteil aus 2002 (SEVIC), dass eine deutsche GmbH im Rahmen einer Fusion (Verschmelzung) auf die Auslandsgesellschaft "aufgeschmolzen" wird und so von Amts wegen aus dem deutschen Handelsregister gelöscht wird.

Ein durchaus anspruchsvolles Verfahren, bei welchem Sie als Geschäftsführer haftungsrechtlich am besten fahren. Unlängst hat in einem weiteren EuGH-Urteil aus 10/2017 i.S. "Polbud" der EUROPÄISCHE GERICHTSHOF für Recht erkannt :

 

"Die Mitgliedstaaten können Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz in einen
anderen Mitgliedstaat verlegen wollen, nicht zur Liquidation verpflichten"

 

Die GmbH wird von Amts wegen gelöscht, weil sie nicht mehr existiert und muss nicht liquidiert werden. Dies nur zur Erklärung...


Die Geschäftsanteile werden notariell auf die EU-GmbH übertragen. Sie werden mit sofortiger Wirkung abberufen und entlastet. Danach werden von der Käufergesellschaft Bilanzen für die GmbH und die Käufergesellschaft erstellt und mittels Verschmelzungsvertrag beide Gesellschaften "verschmolzen". Die Folge ist, dass die deutsche GmbH von Amts wegen aus dem Handelsregister gelöscht wird und so nicht mehr existiert. Insolvenzantragspflichten und sonstige Obliegenheiten, die der deutsche Gesetzgeber für juristische Personen (GmbH / UG / AG) vorgesehen hat, greifen nicht mehr, da es diesen Rechtsträger in Deutschland nicht mehr gibt.

Ein durchaus charmantes und vor allem legales Verfahren seine GmbH zu verkaufen. Ich verfüge über EU-Auslandsgesellschaften, auf die Ihre GmbH kurzfristig aufgeschmolzen werden kann.

 

Hierbei nutze ich keine englischen Ltd.´s aufgrund der Brexit-Problematik.